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5. Start Nr. 9

Dieses Stück ist im doppelten Sinn eine Paraphrase.
Zum einen liegt hier – wie vorher auch – Material aus Bernd Trautvetters Gedicht zugrunde und wird „durch die Mühlen gedreht” (diesmal quasi wörtlich in Form von Loop-Bildungen): die beiden schon bekannten Sätze haben sich diesmal verwandelt in:

„Naeam ob in gestante virtuon de lingua noster sua” („Nah am Abhang . . .” 'latinisiert') und „Wo's ninga schaust ans lünxt schank leer” („Was nun geschah . . .” 'bajuwarisiert'). Auch „Abraham” taucht wieder auf – als „Ibrahim” – und einige andere schöne Worte wie z.B. „gähnt” und (engl.) „gooned”.

Gleichzeitig wird mit diesen Vokal-Schleifen der Anfang von Beethovens Sinfonie Nr. 9 (Takte 1 bis 48) in einer 16−stimmigen Fassung neu instrumentiert.

Dass Beethoven für diesen Anfang den Ton A (nebst seiner ihn fordernden Quinte e) wählte, ist nach meiner Meinung kein Zufall – nicht nur, weil A die Dominante zum eigentlichen Grundton D ist, sondern auch und vielmehr, weil die Art, wie hier Anfang als Prototyp („Ur-Anfang”) komponiert ist, geradezu danach verlangt, mit A anzufangen. (Fast möchte ich so weit gehen, zu behaupten, dass die Wahl von D als Grundton und damit die Deutung von A als Dominante tatsächlich erst Beethovens zweiter Gedanke war.)

Beethoven: Sinfonie Nr. 9, Seite 1
Dodekamidi, Mensuren

Wurde in den ersten 4 Paraphrasen immer eine jeweils bestimmte Menge von Tonhöhen konstituiert (1 bzw. 12 Töne, d−pentatonisch, 3−tönig + 1, diatonisch + pentatonisch = 12−tönig), so gibt es in diesem Fall keine a priori definierten Tonhöhen, auch nicht durch Beethovens Vorlage – vielmehr ergeben sich Tonhöhen und Klanglichkeit aus den verwendeten Sprachklängen selbst (und damit, aber eher ohne kompositorische Absicht, auch durchaus immer wieder mal „Beethoven –Töne”). Von Beethoven übernommen wurde lediglich die zeitliche Organisation (gestreckt um den Faktor 12) und die Satzstruktur.

Stimmen: Frank Hildmann, Joachim Kusche, Kristina Kitza, Sven Feller, Nick Watson