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9. in limbo

Dieses ist das zweite 4‑Ton-Stück im Zyklus. Während in der 3. Paraphrase (. . . wartend . . .) eine Tonhöhenlogik von 4 − 1 verfolgt wurde (das Stück ist eigentlich ein 3−Ton–Stück, der 4. Ton erklingt nur einmal ganz am Schluss), heißt hier die Logik 4 + 1: das Stück ist ein 4−Ton–Stück über die Töne as, b, des und es (schwarze Tasten), ganz am Ende, eigentlich außerhalb des Stückes, nach einer langen Pause, erklingt ein einsames ges (der 'noch fehlende' „schwarze” Ton).

Als einziges Stück des Zyklus nimmt diese Paraphrase keinerlei direkten Bezug auf Trautvetters Text, das heißt: es taucht an keiner Stelle wie auch immer abgeleitetes oder verfremdetes Material aus dem Gedicht auf. (Lediglich die „äußere” Form ist durch den Halbsatz „Was nun geschah” bestimmt:
1 Buchstabe entspricht 16 Sekunden,
4 Formteile: 48 sec. + 48 sec. + 32 sec. + 80 sec.)

Es ist in diesem Sinn ein instrumentales Zwischenspiel, dessen Bezug zum Text eher im Ausdruck eines Gefühls des „In‑der‑Luft-Hängens” besteht.

Dieses Gefühl entsteht schon durch die Auswahl der Tonhöhen (3 Quarten, bzw. Pentatonik, in der ein Ton zum Grundtongefühl fehlt), es wird durch rhythmische und satzstrukturelle Maßnahmen weiter verstärkt.

Bei der Rhythmus- und Formgestaltung spielt die mittlerweile schon mehrfach verwendete Fibonacci-Reihe wieder eine große Rolle – wie der folgende Partiturausschnitt deutlich macht:


in limbo, Notenbeispiel


Durch dieses „Ausbalancieren im Goldenen Schnitt”, durch synkopische Rhythmik verbunden mit dem Wechsel zwischen gerader und triolischer Mensur ist die Musik gleichsam immer in Bewegung, ohne „irgendwo anzukommen”.

Die gesetzten Haltepunkte / Pausen verstärken diesen Eindruck eher noch, und wenn nach dem längsten Innehalten des Stückes (der Quartenakkord am Ende) endlich das als Schlusston (Tonika) in Frage kommende ges von der Marimba erklingt, klingt es fremd, fast wie das resignierende Weglegen des Schlägels.